"Mit Fördermitteln allein geht es nicht"
Auf das Engagement jedes Einzelnen ist in Otersen Verlass
Die Gemeinde Otersen wurde bereits 1991 in das niedersächsische Dorfentwicklungsprogramm
aufgenommen. Seitdem hat sich in dem 520-Seelen-Ort im
Landkreis Verden viel getan. Eine Solarfähre über die Aller, ein schöner Dorfl aden
und ein großes Café machen Otersen auch für Besucher*innen interessant.
Der Kopf dieser Aktivitäten ist Günter Lühning. Er ist gewissermaßen der Mr.
Dorfladen der Region – und erzählt im Interview, worauf es ankommt.
Herr Lühning, Otersen ist für viele kleine
Gemeinden Vorbild geworden. Wie haben Sie
das geschafft?
Otersen hatte in den 70er und 80er Jahren eher
eine Talfahrt, wir waren gewissermaßen auf dem
Weg zum sterbenden Dorf. Die Rettung kam 1991,
als wir in das niedersächsische Dorfentwicklungsprogramm
aufgenommen wurden. In diesem Zuge
konnten wir nicht nur viele Gebäude sanieren.
Genauso wichtig wie die Fördermittel war damals
die Erkenntnis vieler Einwohner*innen: Wir dürfen
nicht nur den Mangel im ländlichen Raum bejammern,
sondern wir müssen selbst etwas tun.
Was haben Sie gemeinschaftlich alles gestemmt?
Im Jahr 2000 haben wir mit 100.000 D-Mark der
Bürger*innen eine Dorfl adengesellschaft gegründet,
dazu gab es noch 50.000 D-Mark Fördermittel.
Anfangs ging es zunächst nur um die Versorgung
mit Lebensmitteln. Heute haben wir ein richtiges
Café: Die Leute sehen sich beim Einkaufen und
bleiben dort auf einen Kaffee sitzen. Auch Gruppen
treffen sich dort regelmäßig, und es hat sich sogar
ein kulturelles Angebot entwickelt.
Was haben Ihnen und Ihren Mitbürger*innen die
ganzen Maßnahmen gebracht?
Wir haben ein Stück Lebensqualität gewonnen und
es haben sich immer neue Initiativen und Projekte
entwickelt. Das Neueste ist ein E-Auto mit entsprechender
Ladestation. Damit wollen wir einen
Lieferservice organisieren und Senior*innen zum
Einkaufen fahren.
Welche Rolle hatten die Fördermittel in diesem
Prozess?
Natürlich sind wir dankbar. Ohne die Fördermittel
wäre das alles nicht möglich gewesen, aber man
muss auch ganz klar sagen: Ohne unser Engagement
– nur mit Fördermitteln – wäre es auch nicht
gegangen. Wir haben viel Eigenkapital reingesteckt
und viel in Eigenleistung gemacht. Grundsätzlich
kann man sagen: Ein Drittel kommt von der
öffentlichen Hand, ein Drittel haben die Bürger*innen
selbst gestemmt, und ein Drittel ist Fremdfi nanzierung.
Wenn es gemeinschaftlich läuft, wird es
auch ein Erfolg.
Interview: Manuela Gaedicke